2006-11-28

Die Lebensqualität in der Handtasche

Neulich lag ein Heftchen Werbung auf unserem Küchentisch. Ins Auge sprang es mir mit den Worten "Nie wieder kalte Füße!" und den Bildern blümchenbestickter Holzpantoletten
und "Traumschuhe für Prinzessinnen - Hauspantoffeln im wunderschönen traumhaften Design" für schlappe 45,-. Waldgrün mit pinkfarbenen Rosenornamenten. Und das in einem Naturwarengeschäft...
Ein paar Seiten vorher gab es eines der vielen Produkte, die die Kategorie "der besondere Artikel" erlangt haben (es gibt auch "das besondere Buch" und "den besonderen Sitzkomfort").
"Handgefertigte, wertvolle Notizbücher sind ein Stück Lebensqualität" war dort zu lesen. Ich musste sogleich an die mittlerweile überbordende Auswahl der Moleskine-Produkte denken. Den reißenden Absatz, den diese nicht mehr mit Maulwurfshaut überzogenen Skizzen- und Notizbücher u.a. im akademischen Kreis finden.
Dies ist einer der (Marketing-)Momente im Leben, in denen die Verknüpfung von materialem Produkt und seelischem Glück, kurz das Konsumglück, offen an die Oberfläche tritt. Wo das Andocken intersubjektiv gültiger Konnotationen an einen Begriff sodann in der Schrift eine bleibende Relation erfährt und der Diskurs von dort aus weiter seine Kreise zieht,-

2006-11-26

in einer anderen Welt...

...bin ich unter anderem auch eine frau k. Meine Chefin hat mal damit angefangen, als ich - Überraschung, Überraschung - ein Kafka-Seminar besuchte. Und jetzt begegne ich einer Frau K. in dieser Welt. schön schön das.

Ein Abend mit Muse

Der gestrige Abend brachte mein ganz persönliches Konzert-Highlight des Jahres. Muse bespielten die Arena samt Berliner Publikum.

Und was waren sie wieder toll!

Eine Band, die es auf unfassbare Weise schafft, ihre Hörer zwischen Gänsehaut und "Schüttel dein Haar, Baby" hin und her zu werfen.

Womit eigentlich auch schon alles gesagt ist, was es zu sagen gibt. Ich geh jetzt wieder in Erinnerungen schwelgen.

2006-11-25

wer ist eigentlich dieser...

...Zynismus?

Offenbar in der deutschen Sprache etwas Männliches. Aber das soll nun nicht ablenken.

Es gibt Momente im Leben, da komme ich gewaltig ins Grübeln. Etwa, wenn die einen Menschen sich über die anderen Menschen lustig machen, weil die anderen Menschen mit einer - aus der Sicht der einen Menschen - unfassbaren Naivität durchs Leben gehen. Sich unbeschwert über Dinge freuen können und eine kindliche Neugierde zeigen, die die einen Menschen bestenfalls mit einem Kopfschütteln und einem Stirnrunzeln quittieren.
Nun ist es nichts Neues zu sagen, die einen Menschen sind höchstwahrscheinlich einfach nur neidisch. Vielleicht, weil Ihnen das Leben nicht sonderlich gut mitgespielt hat. Vielleicht, weil bereits im Elternhaus die Freude am Glück anderer Menschen nur mit einem abfälligen Spruch kommentiert wurde.

Doch zurück zur Ausgangsfrage. Meine persönliche Definition eines Zynikers ist die, dass ein Menschen seine Ideale verloren hat, sprich den Glauben verloren hat, in dieser Welt sei noch etwas Gutes zu erreichen.
Im seltensten Fall begegne ich einem Zyniker, dem all sein Hab und Gut sowie sämtliche Freunde und Familienangehörige weggenommen wurden (aus welchem Grund auch immer). Nein, viel häufiger begegne ich Zynikern, die ein recht prosperierendes Leben führen. Der familiäre Rückhalt ist bei Bedarf sofort zur Stelle. Der Kühlschrank platzt vielleicht nicht aus allen Nähten, aber das Geld reicht immer für ein belegtes Baguette oder einen Döner. Freunde sind ebenfalls nicht weit weg. Die Wohnung ist groß genug, selten zu teuer und die Heizung funktioniert auch.
Was also bewegt uns (denn ich möchte mich keinesfalls aus der Riege der Gefährdeten ausnehmen), was bewegt uns also dazu zu sagen: "Ach, da lässt sich eh nichts mehr drehen" oder "Ha, guck mal, die Hippiekinder da drüben, wie niedlich..." Oder wie oft kommt es vor, dass in der Universität in einem der höheren Semester ein Kommilitone im Seminar freudig lächelnd sagt: "Eine neue Erkenntnis. Danke, das hab ich so noch nie gesehen." Zumindest ich erlebe so etwas eher selten. Eher ertappe ich mich dabei, wie ich im Laufe einer Diskussion einen Geistesblitz habe, mich melde und dann in völliger Abgeklärtheit, mit allen Wassern gewaschen, einen Sachverhalt darlege, als ob dies das Selbstverständlichste der Welt wäre.
Ein anderer Fall: Auf der Straße, in der Bahn, eigentlich überall begegnen einem Menschengruppen, die lachend mal grade nicht über die aktuelle Lage im Libanon reden. Häufig genug sende und empfange ich in diesen Situationen Blicke, gepaart mit hochgezogenen Augenbrauen und einem süffisanten Lächeln. In diesem Moment sind wir froh, nicht so zu sein, wie diese Menschen. Schade eigentlich. Ein bisschen mehr Lachen und sich dabei am eigenen Freundeskreis erfreuen und diesen zelebrieren sowie ein bisschen weniger auf die Welt um uns herum schielen, mag da helfen.

Abschließen möchte ich mit den Worten des Herrn Olli Schulz:
"Man sollte sich seine Kraft nie über das Scheitern anderer Menschen holen."

2006-11-19


„sag ihr, dass ich sie liebe für die Zeit, die mir bleibt“

Im Hintergrund begann eine Gitarre mit ihrem ersten Akkord, entspann sich zu einer Melodie. Eine Stimme setzte ein. Das Kreischen eines Milchaufschäumers gesellte sich dazu.
Er schaute sie an. Sah nur die gesenkten Augenlider, den Blick auf die Hände gerichtet. Ein Finger, der langsam einen Knöchel rieb. Der Brustkorb, der sich mit ruckenden Bewegungen hob und wieder in sich zusammensackte. Sein Brustkorb, der sich gar nicht bewegte.

Im Hof war das Einsetzen zu lauter Musik zu hören. Schnell wurde sie leiser gedreht. Sie hob ihren Blick, sah ihn jetzt an, versuchte ihm in in die Augen zu schauen. Ihr Blick glitt nach draußen. „Ich kann nicht mehr. Ich dachte, es wöre okay, wenn ich einfach darauf vertraue. Du liebst mich, ich liebe dich. Du lebst dein Leben, ich lebe mein Leben.“
„Es reicht nicht. Ich kann das nicht. Ich brauch jemand…“ Hilflos hob sie die Arme. „Ich weiß nicht, jemand, der da ist, in dieser Welt lebt… Nein verzeih, das war fies. Was ich meine … ich kann nicht so nah bei dir sein, wenn ich nicht verstehe, was in dir vorgeht.“
Sein Brustkorb zog sich zusammen. Langsam ahnte sein Hirn, was gerade geschah. Sie würde das hier durchziehen. Kein Zurück mehr. Sie sprach leise, musste Luft holen, sprach noch leiser, aber ich wusste, sie wusste, was sie kann und was nicht. Und mit mir zusammen sein konnte sie nicht.
Sie stand auf, ein Finger, der einen Knöchel rieb, nahm ihre Tasche, drehte sich um. Dann hörte er ein paar Schuhe auf dem Asphalt, leiser werdend.

„du wirst sehen, du wirst stehen. in der sonne“


2006-11-18

die welt hat mich

...welche auch immer