...Zynismus?
Offenbar in der deutschen Sprache etwas Männliches. Aber das soll nun nicht ablenken.
Es gibt Momente im Leben, da komme ich gewaltig ins Grübeln. Etwa, wenn die einen Menschen sich über die anderen Menschen lustig machen, weil die anderen Menschen mit einer - aus der Sicht der einen Menschen - unfassbaren Naivität durchs Leben gehen. Sich unbeschwert über Dinge freuen können und eine kindliche Neugierde zeigen, die die einen Menschen bestenfalls mit einem Kopfschütteln und einem Stirnrunzeln quittieren.
Nun ist es nichts Neues zu sagen, die einen Menschen sind höchstwahrscheinlich einfach nur neidisch. Vielleicht, weil Ihnen das Leben nicht sonderlich gut mitgespielt hat. Vielleicht, weil bereits im Elternhaus die Freude am Glück anderer Menschen nur mit einem abfälligen Spruch kommentiert wurde.
Doch zurück zur Ausgangsfrage. Meine persönliche Definition eines Zynikers ist die, dass ein Menschen seine Ideale verloren hat, sprich den Glauben verloren hat, in dieser Welt sei noch etwas Gutes zu erreichen.
Im seltensten Fall begegne ich einem Zyniker, dem all sein Hab und Gut sowie sämtliche Freunde und Familienangehörige weggenommen wurden (aus welchem Grund auch immer). Nein, viel häufiger begegne ich Zynikern, die ein recht prosperierendes Leben führen. Der familiäre Rückhalt ist bei Bedarf sofort zur Stelle. Der Kühlschrank platzt vielleicht nicht aus allen Nähten, aber das Geld reicht immer für ein belegtes Baguette oder einen Döner. Freunde sind ebenfalls nicht weit weg. Die Wohnung ist groß genug, selten zu teuer und die Heizung funktioniert auch.
Was also bewegt uns (denn ich möchte mich keinesfalls aus der Riege der Gefährdeten ausnehmen), was bewegt uns also dazu zu sagen: "Ach, da lässt sich eh nichts mehr drehen" oder "Ha, guck mal, die Hippiekinder da drüben, wie niedlich..." Oder wie oft kommt es vor, dass in der Universität in einem der höheren Semester ein Kommilitone im Seminar freudig lächelnd sagt: "Eine neue Erkenntnis. Danke, das hab ich so noch nie gesehen." Zumindest ich erlebe so etwas eher selten. Eher ertappe ich mich dabei, wie ich im Laufe einer Diskussion einen Geistesblitz habe, mich melde und dann in völliger Abgeklärtheit, mit allen Wassern gewaschen, einen Sachverhalt darlege, als ob dies das Selbstverständlichste der Welt wäre.
Ein anderer Fall: Auf der Straße, in der Bahn, eigentlich überall begegnen einem Menschengruppen, die lachend mal grade nicht über die aktuelle Lage im Libanon reden. Häufig genug sende und empfange ich in diesen Situationen Blicke, gepaart mit hochgezogenen Augenbrauen und einem süffisanten Lächeln. In diesem Moment sind wir froh, nicht so zu sein, wie diese Menschen. Schade eigentlich. Ein bisschen mehr Lachen und sich dabei am eigenen Freundeskreis erfreuen und diesen zelebrieren sowie ein bisschen weniger auf die Welt um uns herum schielen, mag da helfen.
Abschließen möchte ich mit den Worten des Herrn Olli Schulz:
"Man sollte sich seine Kraft nie über das Scheitern anderer Menschen holen."