2007-03-19

Die Zeit, die Zeit, das teuflische Kind

Zeit ist etwas, wovon mensch immer und grundsätzlich zu den falschen Zeiten zu wenig hat. Ich verbringe gerade einen Großteil davon, in meinem neuen Zimmer Schaumstofftapete und das dahinter klebende Papier der Reihe nach abzurupfen. Scheiß Arbeit das, geht nämlich nur langsam voran. Vorteil von dit Janze is aba, dass ick ma wieda Zeit zum Nachdenken haben tu.
Unter anderem darüber, wie sich das denn mit dem Indie-Begriff so verhält. Angeregt durch den Indie-Test des Herrn Grau sowie darauf folgenden Kommentar des Fräulein Anne widmete ich mich abermals dieser heißen Frage: Was ist Indie?.
Gestern morgen las ich die ersten Kommentare zum Peter-Alexa-Post bei spreeblick. Regte mich auf über die Menschen, die nicht den Eindruck erwecken, als würden sie auch nur eine Sekunde über das nachdenken, was Alexa angesprochen hat. Dass es in den 1960er Jahren in der BRD ein weitreichendes Wahrnehmen von fehlender geschichtlicher Aufarbeitung, ungerechtfertigter Außenpolitik der westlichen Nationen gab und dem Wunsch, den Statuten der jungen Republik endlich gerecht zu werden. Dass daraus eine Handvoll Menschen sich erhoben haben und den entscheidenden Schritt weiter gegangen sind, der für viele eine Grenzüberschreitung darstellt. Ein Schritt, der von Menschen gegangen wurde, die in der Runde der Unzufriedenen gelebt haben. Deren Unzufriedenheit und der folgenden extremen Handlungen sich aus den gleichen gesellschaftlichen Missständen generiert. Wenn es in der aktuellen Debatte rund um Klars Gnadengesuch heißt, die RAF seien "spinnerte Terroristen. Basta!", dann gibt es kein Interesse an einer differenzierten Aufarbeitung der Beweggründe von Baader, Meinhof und Co. Ohne Aufarbeitung sind auch keine sinnvollen Parallelen zu unserer heutigen Lebenssituation zu ziehen. Und die Wahrscheinlichkeit ist da, dass es wieder Menschen aus "unserer Mitte" geben wird, die zu extremen Mitteln greifen, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen. Und die Verwunderung derer, die alle extrem Handelnden als Unmenschen abtun, die mit uns braven, demokratischen Bürgern nichts mehr gemein haben, wird wieder umso größer sein.

Ich geh jetzt mal weiter Tapete abrupfen.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Auch für "Mach kaputt, was Dich kaputt macht" braucht es eben Kraft und Mut und Aufbegehren, Reflexion und Ehrlichkeit.

Mr. Indie-Test-Nachgefragt

IMpressum hat gesagt…

Interessant finde ich, daß Spreeblick kein Problem mit dem durch den Alexa-Text verwirkten §140 STGB hat, dafür aber massive Probleme bis hin zum Diskussionsausschluß mit mir. Und dabei habe ich nur als NPD-Wähler darauf hingewiesen, daß es sich bei der RAF-Diskussion um eine innerbürgerliche handelt zwischen 68er-Illusionisten und Turbokapitalisten. Mein These mag ja falsch sein, der Ausschluß von der Diskussion könnte aber darauf hindeuten, daß hier die Wahrheit zu finden ist.