the times, they are a changing
Lange Zeit sah sie sich selbst immer ein bisschen außenstehend. Sie hatte Freunde, verbrachte ihre Nachmittage mit ihnen. In der Schule hatte sie immer eine Gruppe, zu der sie gehörte. Aber es waren nicht die Menschen, mit denen sie eigentlich zusammen sein wollte. Es waren nicht die Menschen, die ihre Interessen teilten. Doch zu den anderen fand sie keinen rechten Zugang. Immer ein bisschen außen, immer ein bisschen danebenstehend, lernte sie zu beobachten. Die Menschen in der Vielfalt ihrer emotionalen und sozialen Knotenpunkte zu sehen. Stellte für sich fest, dass sie damit häufig richtig lag.
Später traf sie auf andere Menschen, die eine ähnliche Geschichte hatten. Die aus der Position ihres Lebens heraus das Beobachten gelernt haben. Sie tauschte sich aus. Stellte, nicht mehr nur für sich, fest, dass sie mit ihren Beobachtungen häufig richtig lag. Führte viele Gespräche. Gespräche, in denen sie anderen half, sich selbst zu verstehen. Zu oft vielleicht.
Immer noch stand sie außerhalb. Die Menschen um sie herum mochten sie. Sie aber wollte immer noch eigentlich mit anderen Menschen zusammensein. Menschen, zu denen sie keinen rechten Zugang fand. Sie begriff irgendwann, dass sie sich selbst ins Aus stellte.
Irgendwann war der Punkt erreicht, als sie sich den Menschen zuwandte, die um sie herum sind. Menschen, die sie gern haben und die sie gern hat. Das Beobachten ist einem Handeln, einem Sein inmitten anderer gewichen. Das Beobachten anderer in der Vielfalt ihrer emotionalen und sozialen Knotenpunkte fällt ihr leicht. Das Beobachten ihrer selbst in der Vielfalt ihrer emotionalen und sozialen Knotenpunkte ist schwerer. Das Sein inmitten anderer macht sie antastbar. Sie hat ihren Beobachterposten verlassen, die Rüstung abgelegt. Ihr Handeln ist nicht mehr das bisschen, das der Beobachtung folgt. Ihr Handeln liegt jetzt vor der Beobachtung. Vor der Beobachtung ihrer selbst. Vor den Fehlern, die sie macht.
Sie hat sich immer gewünscht, weise zu handeln. Doch es hat einen guten Grund, dass diese weise Menschen in den Geschichten immer auch alte Menschen sind. Menschen, die ein ganzes Leben hinter sich haben. Die unzählige andere Menschen getroffen haben. Die unzählige Situationen im Leben hinter sich haben. Und daraus gelernt haben. Sie steht am Anfang des Seins inmitten anderer.