2008-03-11

Geschichten vom Streik III

Eins dieser Käseblätter hier hat heute auf der Titelseite u.a. die Meldung, dass durch den Streik die ersten Einzelhändler vor der Pleite stehen. Das ist natürlich äußerst betrüblich für die Betroffenen. So ein Haufen Schulden ist wahrlich kein Spaß. Mein erster Gedanke hingegen war der, ob denn auch die Kiezläden nach ihren Umsätzen befragt werden. Wenn keiner mehr mit der Bahn bis zum nächsten Center kommt, entdecken die Leute dann die kleinen Läden bei sich um die Ecke? Das würde mich echt mal interessieren.

Auf Grund einer ebensolchen Einschränkung nämlich bin ich heute in den Genuss des Tabakladenverkäufers am oberen Ende der Hufelandstraße gekommen. Er überraschte mich bereits beim Eintreten dadurch, dass er nicht wie ein typischer Tabakladenverkäufer aussah. Mit seinen Mitte/Ende Dreißig und seinem Retro-Haarschnitt wirkte er auf mich eher wie ein Prenzlberg-Startup-Yuppie. Im Gegensatz zu all den anderen Tabakladenverkäufern, die ich in meinem Leben so kennengelernt habe, war er auch etwas zurückhaltend und, hmm, verhuscht?

Wir begrüßen uns. Er schreibt noch schnell etwas zu Ende. Ich warte. Dann ist er fertig mit Schreiben. Er guckt mich ausdruckslos an. Ich gucke erwartungsfroh zurück und denke mir
(Ich: Ist er schon aufnahmefähig? Sol ich loslegen?)
Ihm fällt ein, dass er auch was sagen könnte.
Er: Ja?
Ich: Einmal Slimfilter, bitte.
Er: Zig-Zag?
Ich: Wenn du Gizeh hast, nehm ich lieber die. Aber Zig-Zag is auch ok.
Pause. Er starrt auf die Reihe mit den Filtern und Blättchen. Schlussendlich nimmt er eine Packung Zig-Zag und dreht sich zu mir um. Er verharrt noch einen kurzen Moment und fragt endlich
Er: Die gibt's auch von Gizeh?
(Ich: Aaaah. Das hat ihn grade so beschäftigt.)
Ich: Ja. Und die sind auch besser als die Zig-Zag.
Er: Ah, ja.
Ich zücke mein Portemonnaie. Er legt die Filter auf den Tresen, zieht seine Hand zurück und guckt mich an. Mit gezückter Geldbörse gucke nun auch ich ihn an. Mir entfleucht ein zaghaftes
Ich: Wieviel?
Er: Ein Euro.
Ich lege ihm den Euro auf die Hand. Er hält die ausgestreckte Hand mit dem Euro noch ein wenig in der Luft. Ich verlasse den Laden. Er widmet sich sofort wieder seinen Notizen. Sein "Tschüß" klingt wie aus einer anderen Welt.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Während Du den Einkauf getätigt hast, lag der richtige Besitzer gefesselt unter der Theke und Du hast den Euro einem ungeschickten Räuber gegeben... ganz bestimmt!

Anonym hat gesagt…

Das würde auch erklären, weshalb der Laden auf der einen Seite so leergeräumt war... Und ich Gutgläubige dachte, der hätte vielleicht grade erst eröffnet.