2008-05-23

Einer der Gründe, weshalb Erklärungen von freiem Willen nie in strengem Sinne kausal sein können.

Im Ablauf von Überlegen-Entscheiden-Handeln gibt es zeitlich aufeinanderfolgende bewusste Zustände, von denen wir nicht die Empfindung haben, dass ein Zustand den nächsten zwingend erfordert. Diese Empfindung zeigt sich auch in unserer Sprachpraxis, wenn wir diesen Ablauf beschreiben oder uns vergegenwärtigen. Beim Überlegen, im Moment einer Entscheidungsfindung, machen wir uns eine bestehende Situation, verschiedene Handlungsoptionen sowie unsere Wünsche und Ziele bewusst. Dies zusammen führt zu handlungsauslösenden Gründen, die im Fällen einer Entscheidung münden. Insbesondere in den Fällen, in denen für die verschiedenen Handlungsoptionen gleich gute Gründe vorliegen, ist die Entscheidung für die eine oder andere Handlung nichts, was sich in einem streng naturwissenschaftlichen Sinne als kausal hinreichend bezeichnen ließe. Ebenso ist der bewusste Zustand des „eine Entscheidung treffen“ nicht kausal hinreichend für den zeitlich darauf folgende bewussten Zustand des Handelns. Implizit schwingt hier die Option des Anders-Entscheiden-Könnens bzw. des Anders-Handeln-Könnens immer mit. Die grundsätzliche, potenzielle, zumindest rein theoretisch vorhandene Option einer Handlungsalternative macht die kausal hinreichende Erklärung von Entscheidungen logisch unmöglich.

Gründe sind Gründe und keine Ursachen, die unter kausal hinreichenden Gesetzmäßigkeiten stehen. Und inwiefern schon allein die Formulierung des Titels bezeichnend für die Debatte der Willensfreiheit ist, werde ich an anderer Stelle näher erläutern. Es fehlt nämlich an einem signifikanten Aspekt, der da wäre: der soziale und damit diskursive Aspekt von Gründen und deren Angemessenheit als Handlungsauslöser. Im Wahn, Erklärungen über die Welt in naturwissenschaftlicher Exaktheit und Messbarkeit abzugeben, übersehen viele, dass unsere Handlungen aus bestimmten Gründen in ein soziales Netz eingebunden sind, welches jedoch in seinen Gesetzmäßigkeiten wesentlich instabiler ist als es die Gesetze der Natur sind.

file under: Nerdsprech ohne explizit gemachten Zusammenhang. Kurz: Ihr müsst das da oben nicht verstehen.

Keine Kommentare: